Berliner Talks 2025: Demokratie unter Druck – Strategien gegen Desinformation
Der BVRE e.V. veranstaltete die Fachkonferenz Berliner Talks 2025. Das Thema in diesem Jahr lautete: „Demokratie unter Druck: Strategien gegen russische Desinformation in Deutschland“.
„Desinformation tötet“ – das war die zentrale Botschaft der Performance des ukrainischen Playbacktheaters Grund, mit der die Konferenz eröffnet wurde. Zu Beginn saßen einige Schauspieler*innen unerkannt im Publikum, bevor sie aufstanden, Parolen riefen und in verschiedenen Sprachen miteinander zu diskutieren begannen. Diese Szene führte das Publikum unmittelbar in das Thema ein: In der alltäglichen Informationsflut ist oft schwer zu erkennen, wie Desinformation unser Denken und Handeln beeinflusst. Doch sie prägt öffentliche Debatten, schürt Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen und Medien und vertieft gesellschaftliche Spaltungen.
Beispiele für russische Desinformationskampagnen zeigte Kathrin Wesolowski, Reporterin und Faktencheckerin der Deutschen Welle, in ihrem Vortrag. Sie machte deutlich, wie schwierig es selbst für gut informierte Menschen ist, zwischen Wahrheit und Manipulation zu unterscheiden. Auf ihre Frage, wer im Publikum schon einmal an Desinformation geglaubt habe, hoben etwa die Hälfte der Teilnehmenden die Hand.
Im Verlauf des Tages fanden Diskussionen mit Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft statt. Ihr gemeinsames Ziel, herauszufinden, welche Strategien in Deutschland tatsächlich wirksam sind, um Desinformation entgegenzuwirken.
Martin Schmidt (Referat H III 4 – Politische Ordnungsmodelle; hybride Bedrohungen, Desinformation, Bundesministerium des Innern) betonte, dass der Schutz der Gesellschaft vor Desinformation bereits im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD als zentrale Aufgabe verankert wurde. Russische Desinformation werde von professionellen PR-Strukturen produziert und verbreitet. Der Staat begegne dieser und anderen hybriden Bedrohungen mit gezielten Maßnahmen und spezialisierten Einheiten.
Im Workshop von Lisa Wolfson, Leiterin der Initiative Demokrati-JA, wurde das Projekt „Gedenken gegen den Krieg“ vorgestellt, das als Reaktion auf die Instrumentalisierung des Zweiten Weltkriegs durch den Kreml entstand. Die Teilnehmenden diskutierten, wie Erinnerung politisch genutzt wird und wie zivilgesellschaftliche Initiativen ihre eigenen Narrative und Deutungshoheit zurückgewinnen können.
Der Workshop, geleitet von Borys Hrachov (Menschenrechtsverteidiger, Journalist), hat gezeigt, wie eng Hassrede und Desinformation miteinander verbunden sind – das sind nicht nur Worte, sondern sie können zu realer Gewalt führen. Das Verständnis dieser Mechanismen half den Teilnehmenden zu erkennen, wie Propaganda funktioniert und warum es so wichtig ist, frühzeitig darauf zu reagieren, bevor Vorurteile zu Diskriminierung und Angriffen werden.
Anastasia Tikhomirova, Journalistin bei DIE ZEIT und Moderatorin der Expert*innendiskussion, hob hervor, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Migrationsgeschichte in deutschen Medien arbeiten. Derzeit liegt ihr Anteil bei etwa fünf Prozent. „Diese Perspektive ermöglicht es, komplexe Themen differenzierter zu betrachten“, sagte sie.
Das Team des BVRE e.V. präsentierte während der Konferenz eigene Projekte gegen Desinformation: Spiele und Quizformate zur Förderung des kritischen Denkens, TikTok-Kanäle mit Faktenchecks und Erklärvideos sowie das Kunstprojekt „Fake-Zeitung“, in dem verbreitete Fakes auf Deutsch dokumentiert und erklärt werden. Um ein breites Publikum zu erreichen, setzt der Verband auf kreative Methoden – und sie wirken. Ein besonders eindrucksvolles Symbol war die Fotoinstallation mit einem in Seile gewickelten Berliner Bären. Im Deutschen sagt man „jemandem einen Bären aufbinden“ – im Russischen heißt es „jemandem Nudeln an die Ohren hängen“. Jedes Foto mit dem Bären war zugleich eine Botschaft: Lasst euch nicht täuschen.
Anastasia Sudzilovskaya, Projektleiterin des „Kooperationsverbunds für Vielfalt und Zusammenhalt: Chancengerechtigkeit in der pluralen Gesellschaft“, in dessen Rahmen die Konferenz stattfand, betonte:
„Die Berliner Talks 2025 können ein Ausgangspunkt sein, um ganz unterschiedliche Initiativen im Kampf gegen Desinformation zu vernetzen und gemeinsame Strategien zu entwickeln.“