Jetzt sind wir durch die Ukraine vereint. Initiative russischsprachiger Eltern in Wismar

Olga Groznaya · 

Am Stadtstrand von Wismar werden Russisch, Deutsch, Ukrainisch und Englisch gemischt. Auf einem großen Spielplatz am Meer gibt es ein Treffen "Meer der Bekannten mit Familien".

Elterntreffen "Meer der Bekannten mit Familien" wurde von Inna Schünemann und Nadia Graf organisiert, die sich vor einigen Monaten entschlossen haben, einen russischsprachigen Elternverein in Wismar zu eröffnen.

 

Sie bewarben sich erfolgreich um die Teilnahme am STEL-Projekt, das die Professionalisierung der Elternarbeit zum Ziel hat. Inna und Nadya nahmen an Seminaren für Multiplikatoren teil, planten multikulturelle Veranstaltungen in der Stadt, bis der Krieg ausbrach.

"Meine Familie sind Spätaussiedler, wir sind aus Kasachstan nach Wismar gekommen", sagt Nadya Graf, "ich weiß, was Migration ist, wie schwierig Integration sein kann, wie wichtig es ist, die Mentalität, Regeln und Normen in Deutschland zu verstehen und wie ungewöhnlich es am Anfang erscheint".

"Wir sehen den Sinn unserer Arbeit in multikulturellen Projekten. Wir möchten, dass die russischsprachigen Wismarer die Möglichkeit haben, Fremdsprachen zu lernen – Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch und andere. Und auch um Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre Kenntnisse in ihrer Muttersprache – Russisch, Ukrainisch – zu erhalten und zu vertiefen", ergänzt Inna Schünemann.

 

Als der Krieg in der Ukraine begann und erste Geflüchete in Wismar ankamen, wurde für Nadya und Irina klar, dass viele russischsprachige Aktivist*innen nun ein großes gemeinsames Ziel haben – Hilfe bei der Integration. Der Initiative schlossen sich Erica Graf, die gerade erst vor kurzem nach Deutschland kam und selbst den Papierkram für ihre Arbeit und das Studium durchgegangen ist, und Lena Fiel, eine professionelle Helferin für Migranten, an. Zum ersten Treffen auf See kamen fast 60 Menschen – Eltern mit Kindern aus der Ukraine, deutsche Familien mit Geflüchteten, russischsprachige Wismarer, die jetzt in Behörden und Krankenhäusern beim Übersetzen helfen.

 

Eine Woche später, beim Treffen "Zeit für die Familie: Unsere Stadt aus der Sicht der Eltern", gehen sie bereits als gute Freunde auf die Reise: Inna Schünemann führt durch Wismar und gibt gleichzeitig Tipps, wie und wo man nach einer Arbeit Ausschau halten und an kulturellen Veranstaltungen oder Stadtinitiativen teilnehmen kann. Hier teilen die Eltern aus der Ukraine ihre Ideen. Nadezhda Vinichenko ist ausgebildete Lehrerin, sie möchte Kindern Ukrainisch beibringen.

 

Die interkulturelle Elterninitiative in Wismar sucht ein Zuhause – einen Ort der Begegnung und Geselligkeit für Familien. Die örtliche evangelische Gemeinde hat dieses noch so kleine Projekt anerkannt und für den 1. Juni 2022 den russischsprachigen Eltern der Innenhof des Tempels für ein großes Treffen für Vorträge für Eltern, Unterhaltung für Kinder und Leckereien für alle zugesichert.