Wie organisiert man ein Ferienlager für Kinder und Jugendliche in Deutschland?

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Ferienfreizeiten in der Stadt, Zeltlager in der Natur oder internationale Jugendbegegnungen – viele Mitgliedsorganisationen des BVRE verfügen über langjährige Erfahrung in der Durchführung solcher Maßnahmen in Deutschland und Europa. Die Teilnahme von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte an solchen Camps fördert Integration, hilft Talente zu entfalten und Freundschaften zu knüpfen. Wir haben zehn praktische Tipps für Veranstalter von Kinder- und Jugendfreizeiten in Deutschland gesammelt. Ihre Erfahrungen teilten Oksana Zenner (Wissensturm e.V.), Olga Dudko (de.Perspektive e.V.), Irina Gottfried (Modellierton e.V.) und Olga Myadzel (PLANETA e.V.).

Ziele und Zielgruppe klar definieren – davon hängt alles ab

Legen Sie fest: Wer sind die Teilnehmenden (Altersgruppen)? Welches Format wählen Sie (Tageslager oder mit Übernachtung)? Wo findet das Camp statt (in Ihrer Stadt, in einem anderen Bundesland oder im Ausland)? Welches Hauptziel steht im Vordergrund (Sprache, Sport, Kreativität, Berufsorientierung)? Von diesen Entscheidungen hängen Personalbedarf, Dauer, Versicherung, Teilnahmebeitrag sowie mögliche Förderprogramme und Ausschreibungen ab.

Recht, Verantwortung und Pflichten: Anforderungen frühzeitig prüfen

Veranstalter tragen Aufsichts- und zivilrechtliche Verantwortung. Diese ist im BGB geregelt und wird durch länderspezifische Handreichungen konkretisiert. Wichtig sind klare Regelungen zur Sicherheit, Verhalten, medizinischer Versorgung und Notfallplänen. Für die Arbeit mit Kindern gilt häufig § 72a SGB VIII – d. h. es werden erweiterte Führungszeugnisse für Mitarbeitende benötigt. Klären Sie im Vorfeld mit dem zuständigen Jugendamt, welche Anforderungen gelten.

Übliche Unterlagen sind:

  • Einverständniserklärung der Eltern für die Teilnahme Minderjähriger Beispiel
  • Gesundheitsbogen/Ferienpass mit Angaben zu Allergien, Ernährungsbesonderheiten, Impfungen etc. Beispiel

Alle Dokumente sollten auf Deutsch vorliegen, am besten in gedruckter und digitaler Form. Bei Auslandsmaßnahmen empfiehlt sich eine Liste mit Passnummern aller Teilnehmenden.

Betreuungsschlüssel – Richtwerte je nach Alter

Bundesweit gibt es keine einheitliche Vorschrift, dafür aber Empfehlungen der Länder. In Bayern und Hessen gilt z. B. 1 Betreuer*in für 7 Teilnehmende. In der Praxis nutzen viele Organisationen folgende Orientierungswerte:

  • Kinder 6–11 Jahre: 1 Erwachsene*r für 6–8 Kinder
  • Jugendliche 12–15 Jahre: 1 Erwachsene*r für 8–12 Teilnehmenden
  • Ab 15 Jahren: 1 Erwachsene*r für ca. 15 Teilnehmenden

Praxis-Tipp: Planen Sie eine zusätzliche Reservekraft pro 6–10 Teilnehmenden ein, um Ausfälle abzudecken.

Qualifikation der Betreuer*innen: Juleica als Standard

Viele Organisationen setzen auf Betreuerinnen mit Juleica (Jugendleiter*in-Card) oder vergleichbarer Ausbildung. Voraussetzungen: ab ca. 16 Jahren, Grundausbildung von etwa 34–35 Unterrichtsstunden (abhängig vom Bundesland) sowie ein Erste-Hilfe-Kurs (mind. 9 Einheiten). Die Juleica sichert Qualitätsstandards in Pädagogik, Kinderschutz und Sicherheit.

Darüber hinaus eignen sich auch pädagogische Fachkräfte sowie Praktikant*innen und Studierende, die erste Erfahrungen sammeln möchten.

Transport – sicher und verlässlich

Für Fahrten sollten Sie große und etablierte Busunternehmen wählen. Diese verfügen über alle erforderlichen Lizenzen und Versicherungen sowie Erfahrung mit Kinder- und Jugendgruppen. Das ist verlässlich und reduziert den organisatorischen Aufwand.

Versicherungen – worauf achten?

Die meisten Kinder sind über die Familienkrankenversicherung abgesichert. Veranstalter sind jedoch verpflichtet, für die Sicherheit zu sorgen, und sollten eine Haftpflichtversicherung für die Maßnahme abschließen. Bei Auslandsfahrten ist zusätzlich eine Auslandskrankenversicherung inkl. Rücktransport empfehlenswert.

Nützliche Informationen und Angebote finden Sie u. a. auf JhDVersicherungen.de.

Praxis-Tipp: Geben Sie den Eltern in den Infounterlagen an, welche Risiken abgedeckt sind, und lassen Sie sich Versicherungsdaten bestätigen.

Finanzierung – Fördermöglichkeiten nutzen

Nicht alle Familien können die Teilnahmegebühren vollständig selbst tragen. Es gibt zahlreiche Förderprogramme, die entlasten können:

  • Kinder- und Jugendförderplan (KJP)
  • „Kultur macht stark“ für kulturpädagogische Projekte
  • Landesprogramme in einzelnen Bundesländern
  • Förderfonds für inklusive Maßnahmen und internationale Begegnungen

Zudem unterstützen Organisationen wie Aktion Mensch oder die Deutsche Kinder- und Jugendstiftungspezielle Zielgruppen oder thematische Freizeiten.

Öffentlichkeitsarbeit und Teilnehmendengewinnung

Nutzen Sie die Kommunikationskanäle, die Ihre Zielgruppe erreichen: soziale Medien, Newsletter, Netzwerke in Ihrer Organisation und nicht zuletzt persönliche Empfehlungen.

Vertrauen schaffen Erfahrungsberichte und Fotos vergangener Freizeiten (selbstverständlich nur mit Einverständnis der Eltern). Das zeigt Kompetenz und erleichtert die Teilnehmendengewinnung. Beispiel auf Instagram: Modelliertoncamps

Unterkunft – von Jugendherbergen bis Gruppenhäuser

Geeignet sind z. B. DJH-Jugendherbergen oder andere Gruppenhäuser, die für pädagogische Arbeit ausgelegt sind. Adressen finden Sie etwa auf jugendherberge.de oder gruppenhaus.de.

Achten Sie auf Sicherheitsstandards, Küchennutzung und Rückzugsräume für das Betreuerteam.

Programm und Freizeitgestaltung – Ausgewogenheit zählt

Neben pädagogischen und sportlichen Angeboten kommen kreative Abendprogramme gut an: Spiele, Workshops, Diskoabende oder Filmvorführungen. Für diese Aktivitäten sind in der Regel keine gesonderten Lizenzen erforderlich. Wichtig ist, das Alter der Teilnehmenden zu berücksichtigen und eine sichere, angenehme Atmosphäre zu schaffen.

Diese Tipps wurden im Rahmen der Online-Veranstaltung „Wie organisiert man ein Camp für Kinder und Jugendliche?“ gesammelt, die Teil der Kampagne „Engagement macht stark“ des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement war.